Lieber Monaco oder Miami?
Formel 1 abseits der Rennstrecke: Titel-Kampf um das prestigeträchtigste Rennen
Zwei Formel 1 Rennen kämpfen um den Titel des prestigeträchtigsten Rennens des Jahres: Wer hat das Event mit der höchsten Promi-Dichte? Der Klassiker im Fürstentum Monaco oder sein amerikanischer Herausforderer Miami? Das Rennen in Las Vegas, das im Vorjahr mit großem Hype debütierte, kann in dieser Extra-Klasse nicht mithalten – so ist es in Las Vegas im November viel zu kalt, um mediterrane Stimmung aufkommen zu lassen – zum anderen findet das gesamte Renn-Wochenende in finsterer Nacht statt. Speziell das Fahrerlager, der Laufsteg der Schönen und Reichen, ist so dunkel, dass man selbst die Oskar-Preisträger der vergangenen Jahre nicht erkennen würde.
Die engen Gassen von Monaco
Monaco ist der Klassiker, der Platzhirsch, der sich niemals vorstellen konnte, einen Herausforderer zu bekommen. Gekoppelt mit dem Filmfestival in Cannes ist der Monaco Grand Prix traditionell ein Hotspot für Filmschauspieler gewesen. Die A-Liste der Celebrities gab sich in Monaco traditionell die Klinke in die Hand. Aber die Liste der Monaco-VIPs ist ebenso in die Jahre gekommen wie die Rennstrecke selbst. Monaco, der Stadtkurs auf dem die F1 seit 1950 fährt, ist für die modernen F1 Rennwagen schlicht und einfach zu eng. Insofern findet hier kein Rennen statt, sondern eine ereignislose Prozession.
Das einzige spannende in Monaco ist das Qualifying am Samstag – dann geht es um die Position in der Startaufstellung für Grand Prix-Sonntag. Wer von der Pole Position startet, hat das Rennen schon fast gewonnen – genauso war es auch in diesem Jahr. Charles Leclerc (Ferrari) eroberte die Pole Position und am Sonntag fuhr er einen unspektakulären Start-Ziel-Sieg nach Hause. Erschreckend: die ersten zehn Fahrer der Startaufstellung kamen in genau derselben Reihenfolge ins Ziel. Insgesamt gab es auf den 78 Runden genau 4(!) Überholmanöver. Die Fahrer bummelten so langsam wie möglich um den historischen Kurs.
Keine Zweikämpfe
Nur in der ersten Runde gab es in Monaco ein Drama, das auch ins Auge hätte gehen können: Bei dem Unfall zwischen Sergio Perez und den beiden Haas-Piloten flog der Mexikaner im Bereich der Auffahrt zum Casino volle Breitseite in die Leitplanke, durch diesem Unfall waren mindestens 25 Streckenposten und Fotografen gefährdet – ein Fotograf wurde verletzt. Der Crash, dessen Dramatik nur auf Amateuraufnahmen ersichtlich war, ist typisch für Monaco. Zwei F1-Wagen nebeneinander führen in Monaco fast unweigerlich zur Kollision; deshalb werden Zweikämpfe tunlichst vermieden.
Die Frage lautet: Verdient eine Schneckenfahrt durch das malerische Fürstentum am Mittelmeer den Titel des „prestigeträchtigsten Rennens“ des Jahres? In die Startaufstellung werden die vermeintlichen VIPs wie eine Schafsherde getrieben. Echte Celebrities sind dabei Mangelware, weil sie in der schieren Menge der Leute einfach untergehen würden – wichtigster Sportler: der Fußballer Kilian Mbappe. Dazu als Filmschauspieler eher unbekannte Netflix-Stars, weitere Fußballer und natürlich als Highlight das Fürstenpaar von Monaco. Fürst Albert freute sich so sehr über den Sieg seines Landsmanns Leclerc, dass er auf dem Podium selbst zur Champagner-Flasche griff und das edle Nass verspritzte.
Miami gewinnt an Attraktivität
Im Vergleich dazu Miami: Das gesamte Wochenende herrschte eher eine coole Stimmung im Fahrerlager, zahllose US-Stars, die für Europäer nicht so bekannt sein mögen, aber in Miami wirklich zur A-Liste der Celebrities gehören, machten das Areal hinter den Boxen zur lockeren VIP-Zone. Ed Sheeran war schon am Freitag im Paddock, CEOs amerikanischer Konzerne (Oracle, Amazon uvm.) hatten ihre eigenen Suiten. Am Sonntag kam dann als Überraschungsgast der Präsidentschafts-Kandidat Donald Trump.
Die Rennstrecke rund um das Hard-Rock Stadion des NFL-Clubs Miami Dolphins ist sportlich sicherlich auch kein Highlight im Rennkalender. Aber immerhin kann man auf diesem Straßenkurs überholen. Trotzdem hat es Miami im Hinblick auf Formel 1-Tradition natürlich schwer. Der Kurs ist neu und modern, er bietet eine voll kommerzialisierte Umgebung, in der Sponsoren sich eigene Areale aufbauen und dort drei Tage lang kostspielig Party machen. Ein handfestes Spektakel, wie es die Amerikaner veranstalten, wäre in Monaco unmöglich. Hier sind die Mega-Yachten im legendären Hafen die Schauplätze der zahlreichen privaten Partys. Und seien wir ehrlich: einen Bugatti Chiron auf einer Yacht sieht man nur in Monaco. So dekadent ist selbst der reichste Crypto-Millionär Floridas nicht.
Im Hard Rock Stadium fehlt Flair
Auch wenn die Piloten beteuern, dass für sie ein F1-Rennen in Monaco etwas ganz besonderes sei, so hat das kleine Fürstentum am Mittelmeer mit Miami doch einen immer stärker werdenden Gegner erhalten. Den Titel des absoluten „Place to be“ hat Monaco verloren. Die pittoreske Kulisse des Hafens, die man in Miami aus profanem Holz nachgebaut hat, ist eben etwas einmaliges, jede Kurve des alten Stadtkurses hat einen wohlklingenden Namen (St. Devote, Rascasse, Portier), aber zur modernen Formel 1 der 2020er Jahre passt Miami besser. So müssten die Veranstalter nur Fürst Albert und Gattin Charlene einladen, um dem Hard Rock Stadium einen Hauch adligen Flairs zu verleihen.
F1-Photos by Lukas Gorys