Der richtige Mix ist die strategische Antwort
Digitalisierung, Konnektivität, Elektromobilität. Was bringt die Zukunft? Oliver Blume, Vorstandsvorsitzender der Porsche AG, über die Strategie der Zukunft und die Identität der Marke. Herr Blume, spielen wir ein bisschen Glaskugel: Wann wird es den letzten Porsche mit einem Verbrennungsmotor geben? Ich wage die Prognose, dass bis 2030 der sportlichste Porsche einen Elektroantrieb haben wird. Wer weiß – vielleicht fährt bis dahin sogar unsere Sportwagenikone 911 elektrisch. Also ist der Ausstieg aus herkömmlichen Antriebskonzepten bei Porsche beschlossene Sache? Ganz im Gegenteil: Es ist ein Unding zu glauben, wir könnten in absehbarer Zeit auf den Verbrennungsmotor verzichten. Ebenso wenig können wir darauf verzichten, massiv in Elektromobilität zu investieren. Bevor wir Benzin oder Diesel abschalten, wird es im kommenden Jahrzehnt verstärkt ein Nebeneinander von Verbrennern und alternativen Antrieben geben. Der Trend ist klar. Und wir werden liefern. Schnellschüsse wird es mit mir aber nicht geben. Die Entscheidung gegen den Diesel bei Porsche wäre ein solcher Schnellschuss gewesen? Der Diesel spielt bei Porsche traditionell eine untergeordnete Rolle. Unser Dieselanteil liegt weltweit aktuell bei 14 Prozent. Porsche entwickelt und produziert selbst keine Dieselmotoren, daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Aber das ist kein Anlass, jetzt abrupt auszusteigen. Würden wir überstürzt aus dem Diesel gehen, dann ließe sich das nicht voll mit Benzinern und Hybriden kompensieren. Zudem leistet der Diesel einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der CO₂-Ziele. Es gibt viele Märkte, zum Beispiel in Südeuropa, die verstehen die deutsche Diskussion um den Diesel gar nicht. Dort kaufen 80 Prozent der Kunden Diesel. Deshalb ist der Mix aus Verbrennern, Hybriden und Elektroautos für Porsche für etwa die nächsten zehn Jahre die richtige strategische Antwort. Warum geht der Übergang zur Elektromobilität nicht schneller? Das hat technische und strukturelle, aber auch rein wirtschaftliche Gründe. Erstens: Die Alltagstauglichkeit von Elektroautos muss noch steigen – Stichworte Reichweite und Ladezeit. Auch bei der Infrastruktur gibt es noch einiges zu tun. Das paneuropäische High-Power-Charging-Netzwerk IONITY von Porsche, Audi, BMW, Daimler und Ford stellt jetzt die Weichen für den Aufbau des leistungsstärksten Schnellladenetzes für Elektrofahrzeuge in Europa. Aber auch das kann nur Teil einer großen Lösung sein. Der zweite Grund sind Zweifel, ob im aktuellen Strommix das Elektroauto tatsächlich klimafreundlicher ist als der Verbrenner. Und drittens: Es wird leider immer noch häufig verkannt, vor welcher Herkulesaufgabe unsere Industrie steht, immerhin das Rückgrat unseres Wirtschafts- und Sozialstaats. Zunehmend strengere Abgasvorschriften in der EU, wonach eine Reduzierung der CO₂-Emissionen von Neuwagen um 30 Prozent bis 2030 gegenüber dem Jahr 2021 erreicht werden soll, zwingen Sie, weiter viel Geld in bestehende Technologien und deren Weiterentwicklung zu stecken … … die Investitionen in der gesamten Branche sind enorm. Der Volkswagen Konzern, zu dem auch Porsche gehört, fährt seine Investitionen in neue, elektrisch betriebene Modelle bis 2030 auf 20 Milliarden Euro hoch. Bis 2025 bringen die Konzernmarken mehr als 80 neue Autos mit E-Motor auf den Markt, darunter 50 reine E-Mobile und 30 Plug-in-Hybride. Porsche allein investiert in den nächsten fünf Jahren mehr als sechs Milliarden Euro in Plug-in-Hybride sowie rein elektrische Fahrzeuge. Das ist für ein Unternehmen unserer Größe ein echtes Pfund. Am Porsche-Stammsitz Zuffenhausen nehmen wir eine Milliarde Euro in die Hand, um dort ein neues Werk für Elektrofahrzeuge entstehen zu lassen: das wohl ehrgeizigste und risikoreichste Projekt, das wir je in Angriff genommen haben. Eine Fabrik in der Fabrik mit 1.200 neuen Jobs.