„Mercedes-Benz spielt weiterhin eine wichtige Rolle“
Die Geschichte von smart wird weitergeschrieben
Wir sprachen mit Wolfgang Ufer, CEO smart Deutschland
DIE AUTOSEITEN: smart feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Jubiläum. Was unterscheidet die Marke heute zu gestern?
Wolfgang Ufer: smart wurde vor 25 Jahren mit dem Fortwo, was für die damalige Zeit ein Pionierfahrzeug war und sich auch aus Kundensicht spektakulär entwickelt hat, schon elektrisch angedacht. Bereits damals hat man über ein Fahrzeug nachgedacht, das elektrisch fährt. Wir von smart haben mit als Erstes in London elektrische Fahrzeuge ausgeliefert. Das war schon 2006. Dann haben wir ebenfalls die ersten rein elektrischen Serienautos angeboten und ebenso weitere Baureihen, wie den Forfour und den smart Roadster, auf den Markt gebracht.
Jetzt, mit unserer neuen Fahrzeuggeneration, also dem smart #1 und dem smart #3, gehen wir erneut einen zukunftsorientierten Weg: Wir nutzen richtig gute Plattformen und Hochtechnologie, um die Geschichte von smart weiterzuschreiben.
DIE AUTOSEITEN: Sie haben ein neues zukunftsweisendes Geschäftsmodell für die Marke smart entwickelt. Wie schaut dies im Detail aus?
Wolfgang Ufer: Zuallererst stand die Frage im Raum, mit welchen Fahrzeugen wir beginnen wollen. Die zweite Frage war: in welchem Bereich betreten wir das neue, erste Marktsegment? Es waren und sind Kompaktfahrzeuge, die auch bei E-Autos das größte Wachstum verzeichnen. Die Mercedes-Benz AG hatte uns dabei zusammen mit Geely neu aufgestellt. Unsere Modelle sind alle im Mercedes-Benz Design entstanden, gehen anschließend in unsere Entwicklung und werden dort auf eine Geely-Plattform aufgesetzt und schlussendlich auch hier produziert.
Auch kundenseitig stellten wir uns natürlich Fragen. Etwa, wie wir unsere neuen Fahrzeuge an unsere Kundinnen und Kunden bringen. Wir überlegten uns, dass der Kunde seinen smart in einem Autohaus, beispielsweise in einer Kölner Mercedes-Benz Niederlassung, kaufen kann – oder aber das Ganze online direkt auf der Website abwickelt. Im ersten Fall berät ihn ein speziell geschulter Verkäufer, der ausschließlich für die Marke smart zuständig ist. Online ist der smart übrigens in nur 15 Minuten gekauft. Zwischen dem On- oder Offline-Kanal kann auch laufend gewechselt werden; auch während des Kaufprozesses. Das heißt: wenn Sie im Autohaus eine Probefahrt gebucht haben und die Kunden zu Hause nachher sagen, komm, lass uns das Auto gleich online kaufen, sind sie innerhalb weniger Minuten fertig und haben ihren smart gebucht.
DIE AUTOSEITEN: Der Kunde kann den smart also nicht nur ausschließlich beim traditionellen Mercedes-Benz-Händler kaufen, sondern auch auf der smart Website?
Wolfgang Ufer: Ja, genau.
DIE AUTOSEITEN: Hier kommt unter anderem das Stichwort Abo-Angebot ins Spiel….
Wolfgang Ufer: Auf der Internetseite kann man etwa einen Leasing-Vertrag direkt abschließen. Unsere Vertriebspartner bieten dazu noch vor Ort individuell anpassbare Abo-Lösungen an. Sie haben damit einen ganz wichtigen Punkt angesprochen: unser Vertriebsnetz. Durch unsere Zusammenarbeit mit Mercedes-Benz sind wir in fast hundert Autohäusern in ganz Deutschland vertreten. Die sind so geschickt verteilt, dass Sie nicht mehr als eine Stunde fahren müssen - egal wo in Deutschland Sie sich befinden. Neben den Experten von smart finden Sie auch hier unsere Showrooms. Zusätzlich bieten wir dem Kunden deutschlandweit ein Werkstattnetz von über 150 Servicebetrieben an, die im Fall des Falls gerne weiterhelfen.
DIE AUTOSEITEN: 2019 wurde ein Joint Venture zwischen Mercedes-Benz und Geely gegründet. Welche Vorteile hat dieses Unternehmen? War für smart im Daimler-Konzern kein Platz mehr?
Wolfgang Ufer: Ich würde es anders formulieren. Ich glaube, Mercedes-Benz hat einen klaren Fokus für die Zukunft. Und jetzt in dem Fall geht es ja um smart. Also wie entwickelt sich smart als Marke weiter – als Elektromobilitätsmarke, aber vor allem auch in kleineren Segmenten, etwa dem Kompaktwagen-Segment.
Besonders in diesem Segment benötigt man Plattformen, man braucht Technologien, die zur Verfügung stehen. Durch die Partnerschaft zwischen Mercedes-Benz und Geely haben wir es jetzt geschafft zwei starke Shareholder an Bord zu holen, die uns optimal unterstützen und auch das notwendige Knowhow mitbringen. Wie bereits gesagt: Die neuen smart Modelle #1 und #3 haben eine richtig schöne Design-Handschrift. Unsere Mercedes-Benz-Kollegen, die die Fahrzeuge designen, sind dieselben, die damals den smart Fortwo designt haben. Geely auf der anderen Seite bietet uns den ganzen Baukasten im Bereich der Plattformen für Elektrofahrzeuge. Diese Innovationskraft nutzen wir; wir verbinden das Beste aus beiden Welten.
DIE AUTOSEITEN: Eigentlich ist die DNA der Marke smart der legendäre Fortwo, der 1998 mit Mercedes-Benz auf den Markt kam. Kann man dieses Fahrzeugkonzept unter der neuen Marke wiederbeleben?
Wolfgang Ufer: Bereits seit zehn Jahren bin ich bei smart und natürlich auch großer Fan des smart Fortwo. Wenn wir jetzt als smart neue Wege einschlagen und uns die Frage stellen, welche Fahrzeuge bringen wir zuerst auf den Markt, dann gehen wir natürlich immer dorthin, wo das größte Wachstum stattfindet und wo auch entsprechende Margen bereitstehen. Deswegen haben wir 2023 auch genau diese Fahrzeuge, mit denen wir jetzt gestartet sind, auf den Markt gebracht.
Das ist der smart #1 seit Februar und seit dem 5. Dezember 2023 der smart #3, unser zweites Fahrzeug der neuen Generation. Das neue, sportliche Coupé #3 ist noch einmal ganze zehn Zentimeter länger als der smart #1. Der #3 ist zudem noch einmal sportlicher, hat ein bessere Aerodynamik und hierdurch eine noch höhere Reichweite von bis zu 455 Kilometer. Die Performance des #3 ist einfach unglaublich: Unser Coupé beschleunigt in der Brabus-Version von 0 auf 100 km/h in nur 3,7 Sekunden. Der Elektroantrieb ist dabei eine hervorragende Kraftmaschine. Trotzdem ist ein neuer Fortwo für viele – nicht nur für mich – eine Herzensangelegenheit. Lassen Sie sich gerne überraschen, was hier noch folgen wird. Wir halten Sie auf jedem Fall auf dem Laufenden!
DIE AUTOSEITEN: Der Ruf nach günstigen, kompakten und kleinen, rein elektrischen Fahrzeugen ist groß. smart hatte mit dem Fortwo solch ein Modell, heute aber leider nicht mehr. Fehlt ein smart #2?
Wolfgang Ufer: Ich hätte gerne einen Fortwo. Aber wenn Sie einen Fortwo bauen, braucht man dafür eine eigene Plattform. Für ein 2,69-Meter-Auto ist es schwieriger jemanden zu finden, der diese Plattform zur Verfügung stellt. Das ist etwas ganz Exklusives und sehr Teures. Wenn Sie dann noch betriebswirtschaftlich denken, das erwartbare Volumen betrachten, dann müssen Sie einfach die notwendige Zeit investieren, um eine richtig gute Lösung zu finden. Erst dann macht es auch wirklich Sinn.
Sowohl der smart #1 als auch der smart #3 sind Fahrzeuge aus einem deutlich wachstumsstärkeren Segment. Der Fortwo braucht einfach seine Zeit. Wie gesagt, wir arbeiten dran und versuchen, wenn wir es schaffen, diesen so schnell wie möglich auf den Markt zu bringen.
DIE AUTOSEITEN: Können Sie heute alte smart-Kunden wiedergewinnen? Oder setzen Sie vornehmlich auf neue Kunden?
Wolfgang Ufer: Das ist ganz spannend. Es gibt ja Fortwo-Kunden und Forfour-Kunden. Ein Forfour Kunden benötigt auf jeden Fall schon mal mehr als zwei Sitze. Es gibt aber auch einen Anteil der Fortwo-Kunden, die unsere neuen Fahrzeuge sehr schätzen - und das hat gleich mehrere Gründe.
Erstens: sie brauchen inzwischen ebenfalls mehr Platz, denn ihre Lebenssituation hat sich verändert, ist sozusagen “erwachsener geworden” wie auch unsere neue Fahrzeuggeneration. Zweitens: sie wollen ein Elektrofahrzeug, welches die Rolle des Erstfahrzeugs übernehmen kann. Mit 440 Kilometer Reichweite und einer Ladeleistung, mit der man das Auto in einer halben Stunde das Auto auf 80 % laden kann, bietet der smart #1 sehr viele Argumente für einen smart Fortwo-Fahrer.
Andere, die 2,69 Meter brauchen und in der Stadt quer parken wollen, können wir natürlich nicht bedienen – noch nicht. Was wir aber zusätzlich bekommen, sind viele, viele Neukunden. In der Regel sind das E-Auto Kunden, die bereits einen Stromer hatten und ganz speziell unsere Fahrzeuge nehmen, weil sie unser Paket aus Design, Leistung und Technologie so interessant finden.
DIE AUTOSEITEN: Derzeit ist die Automobilbranche im Wandel. Entscheidungen werden wesentlich kürzer getroffen, die Zeitfenster sind sehr klein geworden, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Ist das für Sie als Marke smart von Vorteil?
Wolfgang Ufer: Ja, weil wir kompakt aufgestellt sind und dadurch wesentlich handlungsfähiger sind. Beispielsweise sind wir direkter in unserem Vertriebsmodell aufgestellt. Wir verkaufen als smart die Fahrzeuge direkt an die Kunden und stehen im direkten Kontakt zu ihnen. Dadurch wissen wir ganz genau, was unsere Kunden wollen, gut finden und können also sehr schnell reagieren, sollte es etwas geben, dass Handlung bedarf. Ein weiteres Beispiel für unsere Agilität ist die kurze Dauer, in der wir den smart #1 entwickelten und auf den Markt gebracht haben. In kürzester Zeit darauf folgte zudem der smart #3. Sie sehen: Wir wollen unsere Familie der elektrischen Kompaktfahrzeuge weiter ausbauen. Ich glaube, da ist die Schnelligkeit auf unserer Seite.
DIE AUTOSEITEN: Mit dem #1 und dem gerade vorgestellten #3 haben Sie verhältnismäßig große Fahrzeuge. Werden die Fahrzeuge in Zukunft abgesehen von einem #2 größer, stattlicher? Wollen Sie auch in Segmente reingehen, wo man früher gesagt hat, nein dort wollen wir nicht rein?
Wolfgang Ufer: Wir werden auf jeden Fall unser Portfolio ausbauen. Das heißt aber nicht, dass jetzt die Mittelklasse in unserem Fokus steht. Wir werden rund um den #1 und #3 Fahrzeuge anbieten, die sich trotzdem urban einsetzen lassen. Auch in Zukunft werden wir keine riesigen Fahrzeuge entwickeln.
DIE AUTOSEITEN: Wie wird die Marke smart in Deutschland angenommen? Und wo steht Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern?
Wolfgang Ufer: Deutschland war der erste Markt für die neue Fahrzeuggeneration. Wir sind Anfang Februar gestartet und haben seitdem jeden Monat ein Wachstum hingelegt. Damit sind wir sehr zufrieden: innerhalb Europas ist Deutschland der größte Markt für smart in Europa.
DIE AUTOSEITEN: Wo wird der #1 und #3 gebaut?
Wolfgang Ufer: Beide Modelle werden in China gebaut und dann in Europa angeliefert und über uns in die Autohäuser ausgeliefert.
DIE AUTOSEITEN: Wie kann man sich die Aufgabenteilung zwischen Mercedes-Benz und Geely vorstellen? Sie sagten gerade, gebaut wird er in China. Was passiert in Deutschland, am Standort Sindelfingen?
Wolfgang Ufer: In Sindelfingen sitzt etwa das Mercedes-Benz-Designstudio. Hier besprechen und entwerfen unsere Kollegen nicht nur zukünftige Konzepte. Sie spiegeln auch die Ergebnisse mit unseren Stakeholdern wider. Sie sehen also: Mercedes-Benz spielt weiterhin eine wichtige Rolle.
Grundsätzlich ist unser Sindelfinger Design-Team lange Zeit in unsere Prozesse involviert. Nennen wir nur ein Beispiel: Wenn Sie ein Auto entwickeln, geht es nicht nur um die Außenform, sondern auch darum, was überhaupt produziert werden kann. So beispielsweise die versenkbaren Türgriffe. Gibt es hier nur eine kleine Änderung, muss das Design-Team im Zweifel wieder ganz neu an die Arbeit beziehungsweise neu an die Gestaltung. Oder auch die Innenraumdetails. Alles, was unsere Designer zeichnen, muss schlussendlich umgesetzt werden. Wir, als smart, haben natürlich unsere eigene Fahrzeugentwicklung. Wenn das Auto schlussendlich fertig konzipiert ist, dann beginnt schließlich die Produktion. Geely stellt hier seinerseits die Technik und vor allem die Plattform bereit. Wenn es dann zum Verkauf kommt, stützen wir uns wieder auf Mercedes-Benz als starken Partner.
DIE AUTOSEITEN: Herr Ufer, neue asiatische Automobilmarken drängen auf den deutschen Markt. Ist der Wettbewerb gut für die Marke smart?
Wolfgang Ufer: Ich glaube, dass derzeit eine anspruchsvolle Wettbewerbssituation überall, auf allen Automärkten weltweit, existiert. Da geht es gar nicht so sehr darum, ob das jetzt asiatische Wettbewerber sind oder europäische. Der Wettbewerb ist hoch, aber ich glaube, dass smart attraktive Produkte anbietet. Wir haben ein gutes Preis-Leistungsverhältnis und sehen das in unserem Auftragseingang. Die Kunden sind zufrieden und nehmen unser Angebot mehr und mehr an.
DIE AUTOSEITEN: smart fährt heute rein elektrisch. Werden Sie bald auch Voll-Hybride auf den Markt zu bringen?
Wolfgang Ufer: Nein, wir sind seit 2019 elektrisch unterwegs und werden das auch so bleiben. Wir waren damit im Übrigen sogar die erste Automobilmarke, die den vollständigen Wandel vom Verbrenner zum Stromer gewagt hat.