Formel Hollywood
Mattia Binotto übernimmt Führungsposition für Audi in der Formel 1
Derzeit macht die Formel 1 Hollywood-typische Schlagzeilen: Anfang Juli wurde der Trailer des neuen Hollywood-Films „F1“ vorgestellt, der seit einem Jahr mit Hollywood-Star Brad Pitt und dessen Crew bei den F1-Rennen gedreht wird. Das Filmteam „APX GP“ hat bei einigen F1-Rennen eine eigene Box, verfügt über eigene Motorhomes im Fahrerlager, hat an der Boxenmauer einen eigenen Boxenstand und fährt mit von Mercedes umgebauten Formel 2 Autos immer wieder um den Kurs. Dabei werden die Hollywood-würdigen Duelle der zwei APX –Rennwagen gedreht.
Die zweite Hollywood-Geschichte spielte sich in Silverstone auf der Strecke ab: Mercedes-Star Lewis Hamilton, der seit November 2021 kein Rennen mehr gewonnen hatte, holte sich in einem dramatischen Rennverlauf den 104. Sieg seiner Karriere. Darauf hatte er 57 sieglose Rennen warten müssen. Mit Tränen in den Augen stand der siebenfache Weltmeister bei seinem englischen Heimatrennen erstmals nach 945 Tagen (!) wieder auf der höchsten Stufe des Podiums. Hamilton weinte nach der Zieldurchfahrt, herzte seine Eltern im Parc Ferme, und selbst die Gegner gratulierten. Da war niemand, der ihm diesen Sieg nicht gegönnt hätte.
Die Formel 1 könnte mit etwas Glück 2024 auch auf ein Hollywood-typisches Finale zusteuern. Seriensieger Max Verstappen (er hatte 2023 19 der 23 Rennen überlegen gewonnen) ist von der Konkurrenz fast eingeholt worden. McLaren und Mercedes (zeitweise auch Ferrari) sind Red Bull auf den Fersen. McLaren hat derzeit das schnellste Auto und es ist nicht auszuschließen, dass der Holländer um den eigentlich sicher geglaubten vierten WM-Titel noch kämpfen muss.
Filmreif bei F1-Neueinsteiger Audi waren in letzter Zeit eher die Management-Dramen: Das von Audi übernommene Sauber-Team performt überhaupt nicht und ist das einzige Team mit null Punkten. Aussicht auf Besserung bei dem in der Schweiz ansässigen Sauber-Team ist derzeit nicht zu erkennen. Für ein Werksteam, wie Automobil-Hersteller Audi es aufbaut, ist das kein gutes Zeichen und deshalb kam es in den vergangenen Wochen zum Knatsch im Sauber-Management: Sauber-CEO Andreas Seidl hatte mit Oliver Hoffmann den ehemaligen Audi-Entwicklungsvorstand vor der Nase – Hoffmann wurde Audi Formel 1 Generalbevollmächtigter und als solcher im F1-Paddock als Audi-Gesicht immer präsenter. Das Problem: Es wurde immer deutlicher, dass es bei Sauber/Audi zumindest einen Chef zu viel ist.
Dann folgte der Paukenschlag: Audi trennte sich von beiden Chefs – sowohl Seidl als auch Hoffmann verließen das Team Ende Juli und als neuer starker Mann übernimmt ab 1. August 2024 ein alter Bekannter das Steuer: Ex-Ferrari-Teamchef Mattia Binotto. Gernot Döllner, Vorsitzender des Vorstands der AUDI AG kommentierte den Führungswechsel: „Ich freue mich, dass wir Mattia Binotto für unser ambitioniertes Formel-1-Projekt gewinnen konnten. Mit seiner großen Erfahrung aus über 25 Jahren Formel 1 wird er mit Sicherheit einen entscheidenden Beitrag für Audi leisten können.“ Der Italiener stieg 1995 direkt nach seinem Maschinenbau-Studium an der Schweizer EPFL als Motoreningenieur bei Ferrari im F1-Testteam ein. Es folgten verschiedene Stationen vom Chefingenieur bis zum Leiter der Motorenabteilung und Technischen Direktor – zusätzlich wurde er 2019 zum Teamchef der Scuderia Ferrari berufen.
Mattia Binotto ist zukünftig als Chief Operating und Chief Technical Officer (COO und CTO) Teil der Geschäftsführung der Sauber Motorsport AG. Diese trägt die Verantwortung für die operative Geschäftsführung und den sportlichen Erfolg des Rennteams. Mattia Binotto wird direkt an den Verwaltungsrat der Sauber Motorsport AG berichten.
Der Managementwechsel erweckt die bei Audi ins Stocken geratene Fahrersuche mit neuem Leben. Zwar hat man Nico Hülkenberg schon einen Fahrer für die Saison 2025 verpflichtet, aber das zweite Cockpit ist noch immer unbesetzt. Mit Audi-F1-Chef Binotto regiert jetzt aber ein Mann, der bei Ferrari schon mit einigen Fahrer zusammengearbeitet hat. Könnte Mick Schumacher wieder eine Option für Audi sein? Unter Binotto wurde Mick Mitglied der Ferrari-Academy und der damalige Ferrari-Teamchef sagte: „Ich kenne Mick von Geburt an und es hat schon eine besondere Bedeutung für mich, dass er jetzt bei Ferrari ist:“ Nach seinem F2-Titel brachte Binotto den Sohn von Michael Schumacher bei Haas-Ferrari unter. Als Binotto bei Ferrari entlassen wurde, konnte er Mick Schumacher nicht weiter unterstützen. Schon vor der Binotto-Verpflichtung interessierte man sich bei Audi angeblich wieder für Mick Schumacher. Kommt es etwa zum Happy End in Hinwil?
Die Erfahrung zählt
Für das zukünftige Audi F1-Werksteam wurde zunächst Mattia Binotto verpflichtet, jetzt folgt der nächste Schritt: Audi sichert sich mit Jonathan Wheatley einen weiteren erfahrenen Experten für das ambitionierte F1-Projekt.
„Ich freue mich, dass wir Jonathan Wheatley als Teamchef für unser zukünftiges Formel-1-Team gewinnen konnten“, sagt Gernot Döllner, Vorsitzender des Vorstands der AUDI AG. „Jonathan war in seiner bisherigen Formel-1-Karriere an vielen Siegen und Weltmeistertiteln maßgeblich beteiligt und verfügt über weitreichende Erfahrung im Fahrerlager. Er ist eine große Bereicherung für unser Team.“
Jonathan Wheatley begann seine Karriere in der Formel 1 bereits in den frühen 1990er-Jahren bei Benetton Formula One, wo er bis zum Chef-Mechaniker aufstieg. Es folgte der Wechsel ins neu gegründete Rennteam von Red Bull, für das er als Sportdirektor erfolgreich tätig war. In seiner Zeit bei Red Bull Racing war Wheatley am Sieg aller sechs Konstrukteurs- und sieben Fahrer-Weltmeisterschaften beteiligt.
Mattia Binotto und Jonathan Wheatley, der im nächsten Jahr seine Arbeit in der Schweiz startet, bilden zukünftig als Doppelspitze die neue Geschäftsführung der Sauber Motorsport AG. In ihrer neuen Funktion berichten beide direkt an Gernot Döllner in seiner Rolle als Vorsitzender des Verwaltungsrats der Sauber Motorsport AG. Gemeinsam tragen sie die Verantwortung für den Erfolg des Rennteams. Die Aufgaben sind dabei klar verteilt und die Verantwortlichkeiten individuell geregelt.
F1-Photos by Lukas Gorys