Es kann nur einen geben
Wohl kaum ein anderes Auto ist so tief im Leben seiner Fahrer verwurzelt wie der Golf. „It’s my Life“ – der Österreicher Ronny Pitz aus Klagenfurt erklärt, warum der Golf IV R32 (Baujahr 2004) für ihn das perfekte Auto ist.
Selbst die dicken Nebelschwaden, die tief über den Berghängen bei Klagenfurt hängen, scheinen heute mit Topspeed vorüberzuziehen. Immer dort, wo der schwarze Golf IV R32 plötzlich auftaucht und vorüberpfeilt. „Vrrooaarr!“ und „Vrroom“ posaunt er je nach Drehzahl, sodass es in der Talsohle nur so widerhallt. Es ist ein besonderer Sound – original, unverfälscht R32, präsent und dabei nicht die Spur von aufdringlich.
„Vrrooaarr!“ und „Vrroom!“ macht auch Ronny Pitz. Der 30 Jahre junge Klagenfurter am Dreispeichen-Sportlenkrad des R32 kann – es ist unglaublich – die Stimme seines Golf tatsächlich bis in die letzte Tonlage perfekt imitieren. Und das tut er, wann immer ihm danach ist – also ziemlich oft. Spricht’s, kehlt ein leises „Vrrooarr“, schaltet einen Gang runter und holt per Gasfuß und Drehzahl das 240-PS-Aggregat in die identische Stimmlage.
Aus dem Baujahr 2004 stammt dieser perfekt und original erhaltene Golf, einer der letzten „Vierer“ R32. Seitdem ist er 259.000 Kilometer „gelaufen“, sämtliche Newtonmeter sind noch vorhanden. Einziges Tuning: Spurplatten, damit der Golf noch etwas satter in den Radhäusern steht. „Ein Traum“, sagt Ronny, der selbstredend nicht nur in seiner Heimat zwischen St. Margareten und Ferlach unterwegs ist, sondern auch stets zum großen Fan-Treffen am Wörthersee fährt.
Bereits sein erstes Auto im Jahr 2009 war ein Golf IV R32. Es folgten in regelmäßigen Abständen die „Updates“: Golf R der Generationen V, VI und VII, als Krönung der Golf VII GTI Clubsport – was will man mehr? „Na, wieder einen Vierer-R32“, sagt Ronny verwundert, als sei das doch die logischste Sache der Welt. „Als ich meinen ersten Golf IV R32 verkauft hatte, saß ich erst mal eine halbe Stunde lang heulend in meinem Zimmer“, ist sich der aufrichtige Fan nicht zu schade zuzugeben. „Und während der gesamten Zeit, in der das jeweils aktuelle R Modell in meiner Garage stand, schaute ich nach Vierern. Das Neue lockte, doch der Zauber des Vierers blieb.“
Im Herbst 2018 war es dann so weit: Ronny verkaufte seinen Golf Clubsport und machte sich mit seinem besten Golf Freund, Patrick, auf den Acht-Stunden-Ritt nach Jena – um einen dort inserierten Golf IV R32 abzuholen. Es ist das schwarze Exemplar, in dem er jetzt seine Runden dreht. Hier, in seiner Kärntner Heimat, wo sich die Straßen winden wie Ansaugbrücken um einen Motorblock, wo eine Kurve die nächste bereits ankündigt.
Mit kernigem Sound strebt der R32 durch die Landschaft, den engen, steilen Schmarrnstieg hinauf zur Anhöhe, von den Einheimischen Wofferaner Horn getauft. Ronny kennt sich hier aus und jede Kehre mit Vornamen. Ruhig, exakt und erfahren sind seine Lenkbewegungen. Und auf die Frage, wie sein R32 mit einem Wort am besten beschrieben wäre, antwortet er ohne Zögern: „Mein Golf IV R32 ist – perfekt!“ Das schönste Erlebnis mit diesem Wagen sei ein stets wiederkehrendes: „Wenn du mit dem unauffälligen R32 an anderen vorbeisprintest und dann im Rückspiegel beobachtest, wie die Lippen der Überholten die Frage ,Was war das denn?‘ formen. Und an der nächsten Ampel beobachtest du mit Gaudi, wie sie die Lösung von der Heckklappe des Golf ablesen: R32“
„Für mich ist das Fahren die ultimative Entspannung: Brauche ich Ruhe, schicke ich mich eine Runde im R32 durch die Gegend“, sagt der junge Kärntner, der seinen Schwarzen nie wieder hergeben will. Bremse, Kupplung, Gangwechsel, Kupplung, Gas: „Vrrooarr…“ – macht jetzt auch Ronny, der sich tatsächlich zusehends hinter dem Steuer entspannt. Und die Nebel lichten sich.