Der Einstieg in die Formel 1

Der Einstieg in die Formel 1

Audi fährt ab 2026 in der Königsklasse des Motorsports und hat alles richtig gemacht

Der 14. Dezember 2023 war in der Zentrale des Sauber Formel 1 Teams im schweizerischen Hinwil ein Freudentag: der neue Audi-CEO Gernot Döllner erklärte, dass Audi an seinem Formel 1 Einstieg ab 2026 festhält. 100 Tage hatte Döllner geschwiegen, seit er sein Amt als Audi-CEO angetreten hatte – dazu sind Audi-Vorstände verpflichtet. Und in dieser Zeit kamen die Gerüchte auf, dass sich Audi vom geplanten Formel 1 Einstieg distanziere und dem gemeinsamen Projekt mit Sauber den Stecker ziehen könnte. Weil Döllner schwieg, fehlte jegliches Dementi und so ein Zustand ist sehr unangenehm, welcher in der hektischen Gerüchte-Küche der Formel 1 nicht aufkommen sollte.

Der neue Audi-CEO Gernot Döllner

Jetzt ist für Audi der Weg frei, das seit 2022 jedes Jahr 25 Prozent des Sauber-Teams übernimmt und bis 2026 dann 100 Prozent hält, um offiziell als Werksteam in die Formel 1 einzusteigen. Es sind also noch immer zwei komplette Formel 1-Jahre bis zum offiziellen Audi-Einstieg. Beim letzten Saisonrennen 2023 in Abu Dhabi endete für das Sauber-Team die Zusammenarbeit mit Alfa Romeo. 2024 und 2025 geht das Team als „Stake F1 Team KICK Sauber“ an den Start. Stake ist ein australischer Online-Wettanbieter, Kick ein online-Streaming-Dienst, der den Stake-Eigentümern gehört. Erst Anfang 2026 soll der Einstieg von Audi „mit einem Big Bang“ eingeläutet werden, wie es Sauber-Team Repräsentant Alunni Bravi vor einigen Wochen verkündete.

Finn Rausing, Teambesitzer Sauber und Andreas Seidl, CEO Sauber (re.) 

Personal muss bei Sauber verdoppelt werden

Die Vorbereitungen für den Audi-Einstieg laufen im schweizerischen Hinwil längst auf Hochtouren. Seit Anfang 2023 agiert der Deutsche Andreas Seidl bei Sauber als CEO (vorher bei McLaren und Porsche, davor bei BMW-Sauber) und kümmert sich um den personellen und strukturellen Ausbau, da Sauber bislang eher zu den kleinen Teams in der Formel 1 gehört und mit den großen Werksmannschaften wie Mercedes und Ferrari aber auch Red Bull nicht verglichen werden kann – so muss die personelle Stärke des Sauber-Team muss ungefähr verdoppelt werden, um auf Werksteam-Level angehoben zu werden. Und das kostet neben Geld vor allem auch Zeit. Gute Ingenieure, die man von der Konkurrenz abwirbt, haben normalerweise einige Monate des sogenannten „Gardening leave“ in ihren Verträgen. Das heißt, sie werden von ihren bisherigen Teams freigestellt, dürfen aber sechs bis 12 Monate nicht für ihren neuen Arbeitgeber aktiv werden.

Anspruchsvolle Aufgabe: Andreas Seidl begleitet den Formel 1 Einstieg von Audi bei Sauber

Mittlerweile hat Andreas Seidl wenigstens seinen Wunsch-Designer an Bord: James Key, bei McLaren entlassen, ist seit einigen Wochen bei Sauber aktiv und wird schon den 2024er Sauber verantworten. Key war vor 12 Jahren schon einmal bei Sauber tätig, verließ den Rennstall damals aber, weil er sich in der Schweiz nicht heimisch fühlte. Scheint Hinwil ein Standort-Nachteil für das zukünftige Audi-Team zu sein? Gerade englische Ingenieure fühlen sich außerhalb ihrer „englischen Komfort-Zone“ unsicher. Sie gehen ungern nach Italien zu Ferrari oder Alpha Tauri und auch die Schweiz ist für sie nicht die Traum-Destination. Ein weiterer Nachteil ist das hohe Lohnniveau der Schweiz. Hier müssen für das Personal sicherlich 30 Prozent höhere Löhne gezahlt werden als in England. In Zeiten des fixen „Budget-Caps“ – also der Limitierung der Ausgaben eines F1-Teams – ist das ein echter Standort-Nachteil.

Elektro-Anteil der Power-Unit beträgt 50 Prozent

Seit Döllners „Go“ atmet man in Hinwil auf; jetzt kann beim Projekt Audi in der Formel 1 wirklich Vollgas geben. In Neuburg in Bayern ist die Motorenfabrik längst fertig und der zukünftige Formel 1-Motor wird entwickelt. Wie lässt sich die Formel 1 mit dem Bekenntnis von Audi zum E-Automobil vereinbaren? Ganz einfach: bei der neuen F1-Motoren-Formel ab 2026 wird der Elektroanteil der Power-Unit 50 Prozent betragen – und damit rund 500 PS leisten. Die Systemleistung der neuen F1-Power-Units soll bei rund 1000 PS liegen. Für Audi reicht dieser Elektro-Anteil offenbar, zumal der 500-PS-Anteil des 1,6 Liter Verbrennungsmotors mit E-Fuels betrieben werden wird. Dazu kommt der unvorstellbare, weltweite Werbewert der Formel 1. Die Königsklasse des Rennsports boomt mehr denn je und Audi hat durch einen relativ günstigen Kaufpreis des Sauber-Teams den Eintritt in die exklusive WM-Show der Formel 1 fast zu einen Schnäppchen-Preis erhalten. Denn mittlerweile werden die Rennställe mit Preisen von rund 1 Milliarde Dollar (!) bewertet, wenn man sie denn überhaupt kaufen kann. Und als neues Team einzusteigen, ist alles andere als einfach, wie derzeit der US-Amerikaner Andretti zusammen mit General Motors (GM) feststellen muss, der vom Club der zehn aktuellen F1-Teams am Einstieg, trotz offizieller Zusage der FIA, massiv am Einstieg behindert wird.

Erste Audi Präsentation im Sommer 2022 anlässlich des Formel1-Rennens in Belgien

Audi hat insofern alles richtig gemacht und geht das Projekt auch mit dem nötigen Vorlauf an. Mittlerweile  ist der Sauber-Rennstall schon jetzt auf seine doppelte Größe angewachsen, wie Alunni Bravi betont: „Als ich 2017 zum Team kam, waren dort nur wenig mehr als 200 Leute beschäftigt. Inzwischen hat das Team über 500 Angestellte, und 2024 machen wir einen weiteren Schritt.“ Parallel werden die Abteilungen und Anlagen des Teams ausgebaut und der Investitions-Fahrplan soll mittlerweile bis ins Jahr 2030 reichen.  

Wer wird bei Audi am Steuer sitzen

Dabei interessieren die Fans vor allem zwei Angestellte: die Fahrer! Wer wird ab 2026 in den prestigeträchtigen Audi-Werkswagen sitzen? Das ist bisher noch alles anderes als klar, obwohl die Gerüchteküche einige Favoriten hat: vor allem Carlos Sainz wird trotz aller Dementis immer wieder mit Audi in Verbindung gebracht. Dafür spricht zum einen die Verbindung zu Sainz’ Vater, der mit Audi bei der Dakar-Rallye fährt. Zum anderen kennt Andreas Seidl Carlos Sainz Junior aus seiner Zeit bei McLaren. Sainz ist zwar noch bei Ferrari unter Vertrag, aber nach der mehrjährigen Ferrari Vertragsverlängerung seines Teamkollegen Charles Leclerc, steht Sainz etwas verloren da, weil man ihm offenbar eine derartige Verlängerung noch nicht angeboten hat.

Carlos Sainz Junior

Sainz wäre der ideale Mann für Audi: schnell, ein guter Entwickler, sehr ehrgeizig aber trotzdem ein Teamplayer. Und wer könnte neben Sainz für Audi fahren? Offenbar hatte Nico Hülkenberg für 2024 einen unterschriftsreifen Sauber-Vertrag auf dem Tisch, aber Haas zog leider die vereinbarte Option für 2024 und der Traum von Nico Hülkenberg zerplatzte. Wird man ihm bei Sauber 2025 noch einmal ein Angebot machen? Er würde perfekt als Entwicklungsfahrer zu Audi passen. Langjährige Erfahrung zählt und der Rheinländer kennt das Sauber-Team und er kann ein F1-Team voran bringen. 2025 ist Hülkenberg 37 Jahre alt. Er wäre sicherlich in der Lage, in der letzten Saison vor dem Audi-Einstieg bei Sauber starken Impulse setzen und den Übergang zu begleiten.

Nico Hülkenberg

Mick Schumacher nicht erste Wahl

Oder will Audi neben Sainz einen Rookie einsetzen? Wer bietet sich aus der Generation Z der Formel 1 wirklich an? Oscar Piastri, er ist derzeit die heißeste Fahrer-Aktie der Formel 1, wird erst mal bei McLaren bleiben. Auf Lando Norris haben Red Bull und Ferrari ein Auge geworfen, Kimi Antonelli ist ein Mercedes-Mann und wird – sofern seine Entwicklung weiterhin so astronomisch verläuft – Lewis Hamilton bei Mercedes beerben. Teenie-Liebling Oliver Bearman ist ein Ferrari-Junior. Und F2-Champion Theo Pourchaire, der von der Sauber-Academy unterstützt wurde, hat wohl irgendwie keiner ernsthaft auf der Rechnung, obwohl man ihn 2024 bei Sauber als Ersatzfahrer beschäftigen wird.

Oscar Piastri


Da bleibt nur noch ein Name übrig, der derzeit krampfhaft versucht, seine Karriere zu retten: Mick Schumacher. Mick hat es nicht geschafft, seit seiner Entlassung Ende 2022 bei Haas, Boden unter den Füßen zu bekommen. Mercedes fing ihn auf, aber trotz aller Empfehlungen von Mercedes-Boss Toto Wolff bot ihm Williams-Mercedes keinen Vertrag für 2024. Nun flüchtet Schumacher in die WEC zu Alpine, bleibt aber Mercedes-Ersatzfahrer in der Formel 1. Ein Weg zu Sauber und Audi ist nicht unmöglich, aber ohne starke Ergebnisse in der WEC und vielleicht doch mal einen Einsatz für Mercedes in der Formel 1 kann sich Mick Schumacher nicht für größere Aufgaben empfehlen. Dies sind die brutalen Mechanismen der Formel 1, an denen auch der legendäre Name Schumacher nichts ändern kann.

Mick Schumacher