Formel 1 im Umbruch
Apple-TV soll die weltweiten TV-Übertragungsrechte erhalten – Weitere Teams wie Andretti-Cadillac-Team angekündigt
Sportlich mag die Formel 1 WM 2023 unspektakulär sein. Zu überlegen sind das Red Bull Team und der mittlerweile dreifache Weltmeister Max Verstappen. Bis auf ein einziges Rennen (Singapore, Sainz/Ferrari) hat Red Bull bislang alle Grand Prix in diesem Jahr gewonnen. Auch wenn die Verantwortlichen es ungern zugeben, diese Dominanz hat der Formel 1 geschadet – wie eine aktuelle Studie ergibt: die Social-Media-Erwähnungen der Formel 1 sind in diesem Jahr um 70 Prozent zurückgegangen
Spannender als die Action auf der Strecke sind die wirtschaftlichen und sport-politischen Themen rund um die Formel 1. Größe Aufregung ist das Gerücht, dass Apple-TV die weltweiten TV-Übertragungsrechte kaufen möchte. Für kolportierte 2 Milliarden Dollar jährlich will Apple angeblich exklusiv die Formel 1 Rennen und alle Trainings übertragen. Verträge mit anderen TV-Sendern sollen nach deren Auslaufen nicht verlängert werden, sodass in wenigen Jahren nur noch Abonnenten von Apple TV die Formel 1 als Stream verfolgen können. Noch ist keine finale Entscheidung gefallen, aber alleine das Gerücht hat die Medien aufgescheucht. Aus dem kostenlosen Free-TV ist die Formel 1 in vielen Ländern – auch Deutschland – längst verschwunden. Wenn jetzt auch die klassischen Pay-TV-Anbieter ausgebotet werden, zeigt das, wie attraktiv die Formel 1 als Produkt derzeit ist und was – aus Sicht der Fans – für ungewollte Konsequenzen diese Attraktivität hat.
12 Teams könnten an der F1-WM teilnehmen
Wenn es um so viel Geld geht, wird in der Formel 1 traditionell mit harten Bandagen gekämpft. Das beweist auch der Kampf um ein weiteres, elftes F1-Team. Insgesamt können laut Reglement 12 Teams mit insgesamt 24 Piloten an der F1-Weltmeisterschaft teilnehmen. Seit Jahren sind allerdings nur 10 Teams am Start, sodass theoretisch Platz für zwei weitere Teams frei wäre. Anfang 2023 hat die FIA einen Auswahlprozess für neue Teams durchgeführt. Insgesamt sieben Bewerber reichten ihre Unterlagen ein. Vor wenigen Wochen erhielt das US-amerikanische Andretti-Cadillac Team von der FIA als einziger verbliebener Kandidat den Zuschlag zur Teilnahme an der Formel 1 Weltmeisterschaft. Die endgültige Entscheidung liegt jetzt bei der F1-Betreibergesellschaft FOM. Die Mehrzahl der 10 Teams ist gegen eine Aufnahme von Andretti, denn dies würde dazu führen, dass die Teams das von der FOM ausgeschüttete Preisgeld nicht mehr durch 10 sondern durch 11 teilen müssten. „Die Hälfte der F1-Teams ist noch immer nicht finanziell stabil aufgestellt“, beschwerte sich etwa Williams-Teamchef James Vowles in Katar. „Wir sind also auf die jährlichen Gewinn-Ausschüttungen der FOM angewiesen. Durch ein elftes Team würden wir weniger Geld erhalten.“ Dabei ist Andretti damit einverstanden, 200 Millionen Dollar als Ausgleich für die anderen Teams zu zahlen. Diese sind jedoch der Meinung, dass der Betrag zu gering ist und auf mindestens 600 Millionen erhöht werden müsste.
General Motors (GM) zeigt Interesse
Befürworter einer Andretti-Teilnahme argumentieren, dass gerade ein amerikanisches Team mit dem Automobil-Giganten General Motors (GM) als Teilhaber sehr wohl für zusätzliches Interesse und auch für zusätzliche Einnahmen sorgen würde. Auch Lewis Hamilton steht einem weiteren Team offen gegenüber: „Das würde beispielsweise die Chance erhöhen, dass es irgendwann eine Frau bis in die Formel 1 schafft!“
Noch spricht niemand offen darüber, aber die FIA positioniert sich hier eindeutig gegen den F1-Eigentümer Liberty und gegen die zehn Teams. Kommt es da zu einem neuen Machtkampf? Will man sich wie schon einige Mal in der Geschichte darum streiten, wer die Formel 1 regiert? Das alte Schreckgespenst einer Trennung von Formel 1 und FIA steht wieder einmal im Raum. Es wird auch dieses Mal am Ende zu einer Einigung kommen, denn den Titel der Weltmeisterschaft darf nur die FIA vergeben. Als reine Privatveranstaltung würde die Rennserie schnell an Bedeutung verlieren – und damit den Aktienkurs der Betreibergesellschaft (und den Wert der zehn Teams) gefährden.
Wetter macht der Formel 1 zu schaffen
Ein weiteres Gesprächsthema im Herbst 2023 ist die Terminwahl einiger Rennen. Das Datum des GP Katar Anfang Oktober war definitiv zu früh. Die Teams litten unter Temperaturen von bis zu 43°C und dazu einer extremen Luftfeuchtigkeit, die die Piloten an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit und die Reifen ans Limit brachte. Aufgrund der Hitze und der hohen Kurvengeschwindigkeiten wurden in Katar die Reifen beschädigt und die FIA musste ein 18-Runden-Limit pro Reifensatz verhängen, um das schlimmste zu verhindern. Bei dem mit Spannung erwarteten Rennen in Las Vegas Mitte November fürchten die Teams das Gegenteil: in den Wüsten-Nächten Nevadas werden so spät im Jahr Temperaturen von etwa 2°C erwartet und die Techniker warnten schon frühzeitig: Wir werden wie bei Wintertests in Barcelona Mühe haben, überhaupt die Reifen auf Temperatur zu bringen!
Katar und Las Vegas sind ultimative Prestigeobjekte der amerikanischen F1-Eigentümer. Katar ist eines der lukrativsten Rennen des gesamten Kalenders und Las Vegas ist das neue Show-Event, das ihnen so wichtig ist, dass sie im Spielerparadies von Nevada erstmals selbst als Veranstalter auftreten und das finanzielle Risiko für dieses Rennen übernehmen. Den Aufbau der gesamten Infrastruktur des Fahrerlagers und Boxenareals wird von Liberty finanziert. Der Hype um dieses Rennen ist seit einem Jahr unglaublich. Aber jetzt fallen in Las Vegas die Hotelpreise, die bis vor wenigen Wochen astronomisch hoch waren und viele Fans von einem Besuch abschreckten.
Die Bäume wachsen auch für die Formel 1 nicht in den Himmel: spannendere Rennen mit unterschiedlichen Siegern würden bei den Fans für Begeisterung sorgen – und neue Formel 1 Stars, wie Oscar Piastri, müssen die Gelegenheit bekommen ins Rampenlicht zu treten.